Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet wegen der Corona-Pandemie gravierende Folgen für die globale Konjunktur – und rechnet mit der schwersten globalen Rezession seit fast hundert Jahren.
Der Internationale Währungsfonds (IWF) erwartet wegen der Corona-Pandemie gravierende Folgen für die globale Konjunktur – und rechnet mit der schwersten globalen Rezession seit fast hundert Jahren. "Die Welt hat sich in den vergangenen drei Monaten dramatisch verändert", hieß es im Mitte April veröffentlichten Wirtschaftsausblick der Organisation. "Diese Krise ist wie keine zuvor". Nach Einschätzung der IWF-Ökonomen könnte die Wirtschaftsleistung 2020 um drei Prozent schrumpfen, nachdem sie im Januar noch ein Plus von 3,3 Prozent vorausgesagt haben. Damit wurde die Prognose um 6,3 Prozentpunkte reduziert. Die Krise werde vor allem Industrienationen treffen.
Die wirtschaftliche Lage sei noch schlimmer als in der Finanzkrise nach 2008. Damals habe die Weltwirtschaft stagniert, weil vor allem die Industriestaaten betroffen gewesen waren. Dies sie nun anders. „Es ist eine wirklich globale Krise, weil kein Land verschont bleibt“, sagte IWF-Chefvolkswirtin Gita Gopinath vor Journalisten. In seinem Bericht bezeichnete der IWF die Corona-Krise als „die Große Ausgangssperre“ (The Great Lockdown) – in Anlehnung an die als Große Depression bekannte Weltwirtschaftskrise der 1920er und 1930er Jahre. „Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Weltwirtschaft in diesem Jahr den größten Niedergang verzeichnen wird seit der Großen Depression“, schreibt der Fonds.
Für rund 170 Länder der Welt erwartet der IWF für dieses Jahr einen Rückgang des Pro-Kopf-Einkommens. Die Weltwirtschaftsleistung werde wegen der Pandemie daher 2020 und 2021 wohl um rund 9 Billionen US-Dollar (8,2 Billionen Euro) sinken, sagte Gopinath. Es müsse mit einem deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit gerechnet werden. Der IWF forderte alle Regierungen auf, die Wirtschaft gezielt zu unterstützen, um die Folgen der Krise zu überwinden und den Weg für eine Erholung im kommenden Jahr zu legen.
In Europa werden die wirtschaftlichen Folgen der Corona-Pandemie mit am stärksten zu spüren sein. Die Wirtschaftsleistung der Eurozone könnte demnach um 7,5 Prozent schrumpfen, und jeder zehnte Arbeitnehmer im gemeinsamen Währungsgebiet 2020 ohne Job sein. Noch im Januar hatte der IWF für die Eurozone für 2020 ein Wachstum von 1,3 Prozent ausgemacht.
Für Europas größte Volkswirtschaft prognostiziert der Fonds für dieses Jahr einen Einbruch des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Deutschland in Höhe von sieben Prozent. Damit ist die in Washington ansässige Organisation noch pessimistischer als die führenden deutschen Wirtschaftsinstitute, die in den erwarteten diesjährigen Einbruch lediglich mit minus 4,2 Prozent bezifferten. Die Arbeitslosigkeit in Deutschland soll nach IWF-Einschätzung auf 3,9 Prozent steigen.
In den baltischen Staaten erwartet der IWF den stärksten Abschwung in Lettland. Die Wirtschaftsleistung im mittleren der drei Nachbarländer im Nordosten Europa wird 2020 um 8,6 Prozent einbrechen. Für Estland und Litauen wird ein BIP-Rückgang um 7,5 Prozent bzw. 8,1 Prozent prognostiziert. Bei der Arbeitslosenrate rechnet mit einem Anstieg auf 6,0 Prozent (Estland), 8,0 Prozent (Lettland) und 8,9 Prozent (Litauen)
Für 2021 erwartet der IWF eine kräftige Erholung. Die globale Wirtschaft dürfte dann im Vergleich zum Vorjahr um 5,8 Prozent zulegen, die 19 Länder der Eurozone sollen um 4,7 Prozent wachsen. An der Spitze liegen dabei die Baltenstaaten: Für Lettland erwartet der IWF ein Plus von 8,3 Prozent, für Litauen von 8,2 Prozent und Estland von 7,9 Prozent. Deutschlands Wirtschaft soll im kommenden Jahr um 5,2 Prozent wachsen. In allen vier Ländern soll dabei die Arbeitslosigkeit wieder zurückgehen.
Der IWF räumte aber ein, dass die Prognosen mit "extremer Unsicherheit" behaftet sind. Alle Schätzungen seien in erster Linie von der Dauer und Intensität der Pandemie abhängig. Sie basierten auf der Annahme, dass die Pandemie im zweiten Halbjahr weitgehend unter Kontrolle gebracht werden kann und sich auch das Wirtschaftsleben wieder normalisiert. Sollte die Pandemie in der zweiten Jahreshälfte nicht zurückgehen, könnte die globale Wirtschaft dieses Jahr sogar um 6 Prozent einbrechen und auch 2021 noch schrumpfen, warnte Gopinath.
Link: IWF-Konjunkturausblick:
https://www.imf.org/en/Publications/WEO/Issues/2020/04/14/weo-april-2020